Ein Interview mit Christian Schicha, einem deutschen Medienwissenschaftler sowie Professor für Medienmanagement zum Themenschwerpunkt „Big Data – Welche Auswirkungen hat der freie Zugriff auf komplexe Datenmengen durch Unternehmen und Behörden auf das gesellschaftliche Zusammenleben und die Demokratie und wie kann die Politische Bildung diesen neuen Herausforderungen begegnen?“

Ein Interview mit Christian Schicha, einem deutschen Medienwissenschaftler sowie Professor für Medienmanagement zum Themenschwerpunkt „Big Data – Welche Auswirkungen hat der freie Zugriff auf komplexe Datenmengen durch Unternehmen und Behörden auf das gesellschaftliche Zusammenleben und die Demokratie und wie kann die Politische Bildung diesen neuen Herausforderungen begegnen?“

Die technologische Entwicklung und der einhergehende Verlust der Datenkontrolle werden oft als alternativlos dargestellt. International agierende Internet-Konglomerate suggerieren schon seit einiger Zeit, dass die Privatsphäre, wie wir sie kennen, nicht mehr existiert. Haben wir denn überhaupt noch eine Chance auf informationelle Souveränität?

Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist ein Grundrecht, das es zu schützen gilt. Der Gesetzgeber ist hier gefordert, die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit kein Missbrauch von privaten und geschäftlichen Daten erfolgt. Verstöße müssen konsequent verfolgt und bestraft werden. Hierbei sind auch internationale Abkommen erforderlich, um Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen vor der illegalen Datensammlung und Weitergabe zu schützen.

Die Risiken sein ganzes Leben online zu dokumentieren und speichern zu lassen sind heute noch für niemanden in ihrer langfristigen Dimension überblickbar, aber ist gerade nicht das der Grund kritisch hinterfragen zu müssen, welche Daten man wirklich preisgeben und bedenkenlos der digitalen Ewigkeit übergeben möchte?

Insgesamt empfiehlt sich ein datensparsames Agieren, das in der Praxis jedoch nur schwer durchzusetzen sind. Wer sich in sozialen Netzwerken im Internet bewegt, Online-Bestellungen abwickelt und per Mail mit anderen kommuniziert, geht grundsätzlich das Risiko ein, dass die eigenen Daten extern gespeichert und missbraucht werden. Sensible Informationen lassen sich zwar auch verschlüsseln. Grundsätzlich gilt jedoch, dass einmal digital eingestellte Texte und Bilder ohne diesen Schutz prinzipiell zeitlich auch dann unbegrenzt im Netz zur Verfügung stehen können, wenn die Löschung beantragt und durchgeführt wird, da eine erneute Dateneingabe grundsätzlich immer möglich ist. Eine besondere Sensibilität und Zurückhaltung ist bei der virtuellen Weitergabe von privaten Fotos erforderlich, da hier das Missbrauchspotenzial besonders hoch ist. Bilder können manipuliert und in andern Zusammenhängen veröffentlicht werden.

Es sollte z.B. bedacht werden, dass freizügige Urlaubs- und Partyfotos in sozialen Netzwerken ggf. auch Jahre nach dem Ereignis von potenziellen Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern heruntergeladen werden können, wodurch sich ggf. Probleme bei der Jobsuche ergeben, da diese Bilder auch ein bestimmtes negatives Image von der Person transportieren, die sich für die Online-Öffentlichkeit hat ablichten lassen.

Welche politischen Schritte oder Bemühungen sind notwendig, um einen souveränen Umgang mit den digitalen Infos zu gewährleisten und eine digitale Mündigkeit zu erreichen? Denn dass beispielsweise hinter jener freundschaftlichen Community schließlich ein Unternehmen mit Geschäftsmodell steckt, das der /die Bürger/in kostenlos mit den persönlichen Daten finanziert, ist vermutlich Wenigen klar.

Zunächst geht es darum, die Bürgerinnen und Bürger über die Möglichkeiten der Datenweitergabe und den potentiellen Datenmissbrauchs zu informieren. Viele Personen scheinen sich dieser Problematik nicht bewusst zu sein. Sie vertreten die Auffassung, dass sie ohnehin nichts zu verbergen hätten. Ihnen ist häufig nicht klar, dass systematisch Benutzerprofile erstellt werden, die u.a. das Konsumverhalten erfassen und auswerten. Diese Daten werden genutzt, um zielgruppenspezifische Werbung individuell zu schalten. Es wird aber nicht transparent gemacht, wer welche Daten von wem erhält, wer Zugang zu ihnen erlangt und welche negativen Konsequenzen sich daraus für die einzelnen Nutzer ergeben können. Dass Wirtschaftsbetriebe ökonomische Interessen vertreten ist natürlich legitim. Gleichwohl besitzen Unternehmen nicht das Recht, Informationen ohne das Wissen der potenziellen Kunden zu nutzen. Hier ist mehr Aufklärung u.a. über die allgemeinen Geschäftsbedingungen von kommerziellen Unternehmen, die Daten sammeln, auswerten und weitergeben, unverzichtbar. Nur mit diesem Wissen können die Internetnutzer dann souverän selbst entscheiden, welche Informationen sie an wen weitergeben und welche Konsequenzen sich daraus ggf. ergeben können.

Herzlichen Dank für das Interview!