Demokratiefördergesetz: Stellungnahme zum Referentenentwurf des BMFSFJ und des BMI

Demokratiefördergesetz: Stellungnahme zum Referentenentwurf des BMFSFJ und des BMI
Stellungnahme zum Referentenentwurf des BMFSFJ und des BMI „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Maßnahmen zur Demokratieförderung, Vielfaltgestaltung, Extremismusprävention und politischen Bildung (Demokratiefördergesetz – DFördG)“

Der Bundesausschuss politische Bildung (bap) begrüßt die Absicht der Bundesregierung, mit einem Demokratiefördergesetz (DFördG) die Förderung zivilgesellschaftlicher Akteure und Maßnahmen in den Bereichen der politischen Bildung und der Demokratieförderung und der Vielfaltgestaltung und der Extremismusprävention nachhaltig abzusichern und die rechtlichen Rahmenbedingungen zu verbessern. Die Regelungen im Gesetzesentwurf lassen aber nicht ausreichend erkennen, dass dies für alle vier Handlungskreise tatsächlich erreicht werden kann. Insbesondere fehlen Angaben dazu, wie die avisierte „nachhaltige Absicherung der Fördermaßnahmen“ („Referentenentwurf“, Seite 2) vor dem Hintergrund von Haushaltsvorbehalt und Ausschluss der institutionellen Förderung erfolgen soll. Für bislang geförderte Maßnahmen der politischen Bildung im Rahmen der Richtlinienförderung der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) könnte sich durch die Formulierung in § 4 (1): „Der Bund fördert Maßnahmen Dritter nach diesem Gesetz…Hierzu gehören insbesondere auch auf einen längeren Zeitraum angelegte Maßnahmen.“ (Hervorhebung bap) sogar eine Verschlechterung der Fördergrundlage ergeben. Es bedarf daher einer Klarstellung.

Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang, dass die Förderung nach dem DFördG nur auf gemeinnützige juristische Personen beschränkt wird (§ 5 (2), Punkt 2). Dies entspricht nicht der durchgängigen bisherigen Praxis öffentlicher Mittelgeber. Darüber hinaus ist zu beachten, dass der Status der Gemeinnützigkeit Gegenstand politischer Auseinandersetzungen ist und damit eine Abhängigkeit von Förderung und Status gegeben ist. Auch hier bedarf es daher dringend einer Klarstellung.

Der bap begrüßt, dass in der enumerativen Aufzählung der Handlungskreise nun auch die politische Bildung explizit erwähnt wird. Es wird aber durch die Nebeneinanderstellung der vier Begriffe der Eindruck erweckt, als handele es sich um getrennt voneinander zu betrachtende Handlungskreise. Sollte es im Gesetzgebungsverfahren nicht noch gelingen, die großen fachlichen Überschneidungen der politischen Bildung zu allen anderen Handlungsbereichen und insbesondere zur Demokratieförderung deutlich zu machen, so muss dies im Prozess zur Erarbeitung der Förderrichtlinien nachgeholt und herausgearbeitet werden. Eine Versäulung mit
streng getrennten Förderbereichen ist fachlich nicht zu rechtfertigen und daher dringend zu vermeiden. Damit soll auch die Einbeziehung aller Handlungskreise in die Fachdiskurse der Profession der politischen Bildung gesichert werden. Es ist zu fragen, ob die Handlungskreise Vielfaltgestaltung und Extremismusprävention überhaupt eigenständige Handlungskreise sind oder nicht über die Breite der politischen Bildung abgebildet werden.

Das DFördG kann das zivilgesellschaftliche Engagement für die Demokratie stärken und kann positive Auswirkungen auf demokratiestärkende Aktivitäten haben, die bereits jetzt auf anderen rechtlichen Grundlagen wie beispielsweise dem SGB VIII mit den darauf aufbauenden Regeln des Kinder- und Jugendplans (KJP) und den Regelungen zur Förderung der politischen Bildung durch die bpb beruhen. Das Verhältnis zwischen diesen Regelungsbereichen ist aber im Gesetzentwurf weder inhaltlich noch rechtlich angemessen berücksichtigt, sodass nachteilige Effekte des DFördG auf die bestehenden Förderprogramme nicht ausgeschlossen
werden können. 

Gleiches gilt auch für das Verhältnis des DFördG zu den weiteren Strukturen der politischen Bildung in den Ländern. Vor allem bleibt unausgesprochen, welche Strukturen ggf. auf Grundlage des Gesetzes auf Landesebene mitgedacht werden und in welchem Verhältnis
diese zu den Landeszentralen der politischen Bildung stehen können. Es ist der Gefahr vorzubeugen, dass der Bund durch ein Demokratiefördergesetz die gewachsenen Strukturen auf Landesebene, die für viele Akteure der politischen Bildung verlässliche und nötige Grundlagen ihrer Arbeit bilden, unterminiert und damit die bisherige Landschaft der politischen Bildung schwächt.


Bezüge zum Referentenentwurf des DFördG:
§1 + §2
: Im vorliegenden Entwurf des Gesetzestextes wird an keiner Stelle auf die Menschenrechte Bezug genommen. Die im internationalen Menschenrechtsdiskurs entwickelte Argumentationsfigur des Rechts auf politische Teilhabe schafft gerade durch den Verweis auf individuelle Rechtsansprüche neue Perspektiven für eine subjektorientierte, diversitätssensible,
diskriminierungskritische, inklusive politische Bildung. Daher sollte z.B. in §1 eingefügt werden: „… zur Erhaltung und Stärkung von Demokratie und Menschenrechten, …“.
§2: Unter §2 sollten Gegenstände der Maßnahmen des Gesetzes und nicht die Art und Orte der Maßnahmen beschrieben werden. Die entsprechenden Maßnahmen zu allen in §2 genannten Gegenständen sollten auch in allen vier benannten Bereichen Extremismusprävention, Vielfaltgestaltung, Demokratieförderung und politische Bildung Anwendung finden können.
§2 (2): Folglich muss in §2.2 der Zusatz „durch Maßnahmen der politischen Bildung“ gestrichen werden, da hier die Art und nicht der Gegenstand der Maßnahmen benannt ist. Maßnahmen der politischen Bildung können zur Erreichung von allen acht in §2 genannten Punkten des Gesetzes beitragen und sind nicht allein auf die „Förderung des Verständnisses politischer Sachverhalte und die Stärkung zur Bereitschaft der politischen Mitarbeit“ beschränkt.
§4 (3): Die Förderrichtlinien sollten unter zivilgesellschaftlicher Beteiligung von Akteur*innen benachbarter Rechtsbereiche (SGB VII und KJP) und bestehender Förderprogramme (Bundeszentrale und Landeszentralen politischer Bildung) mit inhaltlichen Schnittstellen zum
DFördG entwickelt werden. Die Förderrichtlinien sollten in partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit den jeweils zuständigen Bundesministerien kontinuierlich evaluiert, reflektiert und bei Bedarf überarbeitet werden. Diese zivilgesellschaftliche Beteiligung sollte keinen einmaligen, sondern einen kontinuierlichen Charakter haben und entsprechend im Gesetz festgeschrieben werden. Ein positives Beispiel sind die in den KJP-Richtlinien festgelegten partizipativen Arbeitsgruppen zur kontinuierlichen Zusammenarbeit bei der Gestaltung und Weiterentwicklung der fachlichen Handlungsfelder und der Erörterung der Förderung und der Zuwendungsverfahren, wie sie in den KJP-Arbeitsgruppen realisiert sind.

Vorstand des Bundesausschuss Politische Bildung (bap) e.V.

Bonn/Berlin, 31. Oktober 2022

Weitere Stellungnahmen