Interview mit Iris Eisbein, Projektleitung der Geschäftsstelle „Europäisches Jahr der Entwicklung“ bei der Mitmachzentrale der Engagement Global gGmbH

Interview mit Iris Eisbein, Projektleitung der Geschäftsstelle „Europäisches Jahr der Entwicklung“ bei der Mitmachzentrale der Engagement Global gGmbH

Auf Vorschlag der EU Kommission wurde das Jahr 2015 von der EU zum Themenjahr „Europäisches Jahr der Entwicklung“ (EJE) erklärt. Das Motto lautet „Unsere Welt, unsere Würde, unsere Zukunft“. Aus entwicklungspolitischer Sicht ist das Jahr 2015 richtungsweisend, denn die Frist für die von der UN erklärten Millenniumsziele zur Verringerung der Armut in der Welt läuft in diesem Jahr ab. Welche Bedeutung hat das EJE für die europäische und globale Entwicklungspolitik bzw. welche Ziele werden mit der Ausrichtung eines Themenjahres verfolgt?

2015 ist in der Tat ein entscheidendes Jahr für die internationale Entwicklungspolitik. Die fünfzehnjährige Zeitspanne zur Umsetzung der von der Staatengemeinschaft vereinbarten Millenniumentwicklungsziele (MDGs) endet. Mit der Konferenz über Entwicklungsfinanzierung im Juli in Addis Abeba und der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York im September sollen wichtige Beschlüsse im Hinblick auf die Nachfolgeziele der MDGs, die sogenannten Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals – SDGs), gefasst werden.

Vor dem Hintergrund dieser internationalen Diskussionen schätzt auch die Europäische Union (EU) das Jahr 2015 als besonders geeignet ein, intensiv und öffentlich über die europäische Entwicklungszusammenarbeit und die Rolle der EU und ihrer Mitgliedstaaten in der globalen Entwicklungs- und Nachhaltigkeitspolitik zu diskutieren.

Es geht in erster Linie um eine Aufklärung der europäischen Öffentlichkeit über die aktuelle Entwicklungspolitik der Europäischen Mitgliedstaaten. Laut der Eurobarometer-Umfrage von 2014 unterstützen zwar über 80 Prozent der Befragten das Engagement ihres Landes für Entwicklung, aber 44 Prozent wissen nicht, wohin die Entwicklungshilfegelder ihres Landes fließen.

Es geht zudem darum, das aktive Engagement zu fördern und das Bewusstsein über globale Zusammenhänge zu schärfen. Unter dem Schlagwort Politikkohärenz wird in der Öffentlichkeit vermehrt die fehlende Verzahnung der europäischen Politikbereiche kritisiert. Wie im Bereich der Wirtschaftspolitik und Entwicklungspolitik der Europäischen Union zur aktuell laufenden TTIP Frage. Hier bietet das EJE Akteuren eine Plattform, um Themen, Problemfelder und Fragen der europäischen und globalen Entwicklungspolitik in eine breitere Öffentlichkeit zu tragen.

Die erste Jahreshälfte des Themenjahres liegt nun schon hinter Ihnen. Wie sähe ein erstes Fazit aus? Welche besonders nennenswerten Aktionen wurden im Rahmen des Themenjahres in Deutschland bislang durchgeführt und welche Veranstaltungen können Sie für die zweite Jahreshälfte besonders empfehlen?    

Im Juni fanden zur Halbzeit im Europäischen Jahr für Entwicklung die jährlich international ausgerichteten European Development Days in Brüssel statt. Sie wurden dieses Jahr unter das Motto des Themenjahres „unsere Welt, unsere Würde, unsere Zukunft“ gestellt. Die zweitägige Veranstaltung bot eine gute Gelegenheit sich auf Arbeitsebene in unterschiedlich parallel laufenden Veranstaltungsformen auszutauschen. Auch die Weltausstellung „Feeding the Planet: Energy for Life“ in Mailand, der G7 Gipfel in Deutschland und die Klimakonferenz in Paris bieten und boten besondere Gelegenheiten, globale Entwicklungskonzepte zu diskutieren.

In den Mitgliedstaaten gibt es unterschiedliche Herangehensweisen an die Umsetzung. Die Europäische Kommission hat den Nationalen Koordinatoren der einzelnen Mitgliedsstaaten Fördergelder zur Verfügung gestellt. In Deutschland wurde gemeinsam mit staatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteuren beschlossen, daraus ein Förderprogramm für zivilgesellschaftliche Akteure aufzulegen. Über das Programm werden 27 Projekte von Vereinen und Organisationen in Deutschland gefördert, die zum Beispiel junge Menschen zur EU-Entwicklungspolitik diskutieren lassen, sportliche Wettbewerbe mit Themenstellung zum EU-Jahr durchführen oder Ausstellungen entwickeln. Alle im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) über Engagement Global geförderten Projekte werden auf der deutschen Kampagnenseite unter www.ej2015.de vorgestellt.

Eine Empfehlung für die zweite Jahreshälfte kann ich nicht aussprechen. Jede Veranstaltung hat unterschiedliche Zielgruppen und Themenschwerpunkte. Es sind zahlreiche Akteure, die sich an den Zielen der EU-Kampagne beteiligen. Neben zivilgesellschaftlichen Organisationen greifen auch Städte und Kommunen und staatliche bzw. europäisch ausgerichtete Organisationen die Themen des Entwicklungsjahrs 2015 auf. Es finden zahlreiche Veranstaltungen von Workshops und Ausstellungen über Podiumsdiskussionen bis hin zu regionalen Kampagnen zur kritischen Auseinandersetzung zu vielfältigen Themen der europäischen Entwicklungspolitik statt.

Auf der deutschen Kampagnenseite hat die Geschäftsstelle Europäisches Jahr für Entwicklung als zentrales Element einen Veranstaltungskalender eingerichtet. Hier werden alle gemeldeten Veranstaltungen eingestellt, die im Rahmen des Europäischen Jahres stattfinden. Viele Akteure nutzen bereits diesen Veranstaltungskalender, um Ihre Aktivitäten zu bewerben. Bis zum 15.06.2015 wurden über 100 Veranstaltungen neben Wettbewerben und Ausstellungen gemeldet, die in allen Bundesländern stattfanden.

Allen, die sich zu Aktivitäten zum Europäischen Jahr informieren möchten, empfehle ich, auf unseren Veranstaltungskalender auf unserer Homepage zu schauen. Die zahlreichen Aktionen in den anderen europäischen Partnerländern finden Sie auf der Kampagnenseite der Europäischen Kommission unter: https://europa.eu/eyd2015/en/events.

 Internationale und nationale politische Akteure sind gefragt, ständig auf neue Herausforderungen in der europäischen und globalen Entwicklungszusammenarbeit zu reagieren. Um diese Aufgabe zu meistern, ist auch zivilgesellschaftliches Engagement ein unerlässlicher Faktor. Die politische Bildung spielt dabei eine wichtige Rolle – weil Beteiligung nur durch Aufklärung und Wissensvermittlung entstehen kann. Kooperieren Sie mit Trägern der politischen Bildung? Wie können Ihrer Meinung nach die Träger politischer Bildung noch besser dazu beitragen?

Entwicklungspolitische Bildung, als Fachbereich der politischen Bildung, ist ein Schwerpunkt in der Arbeit von Engagement Global. Über unsere Programme und Netzwerke kooperieren wir ohnehin mit unterschiedlichen Akteuren der politischen Bildung. Zum Europäischen Jahr für Entwicklung wurde zudem ein Koordinierungskreis einberufen, zu dem auch Träger der politischen Bildung, wie das Netzwerk für Europapolitik in Deutschland, gehören.

Unter dem eingangs bereits erwähnten Stichwort der Politikkohärenz sollte es, im Interesse der Entwicklung sowie einer gemeinsamen Verantwortung und Solidarität, Aufgabe der politischen Bildung sein, die unterschiedlichen Politikfelder auf gegenseitige Auswirkungen zu untersuchen. In einer sich rasch wandelnden und komplex verflochtenen Welt greifen Wirtschafts-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik ineinander über und können nicht isoliert betrachtet werden.

Weitere Informationen und Beratung zu Vernetzungs- und Beteiligungsmöglichkeiten unter:

www.engagement-global.de Email: info@engagement-global.de