Den Imperativ der Erneuerung kann man getrost als alten Hut der Pädagogik bezeichnen, vor allem in der außerschulischen, „non-formalen“ Szene der politischen Jugend- und Erwachsenenbildung, wo Experimente, Methodenentwicklungen oder Veranstaltungsinnovationen von Anfang an zum Kerngeschäft dazugehörten und bis heute eine besondere Attraktivität der einschlägigen Bildungsangebote ausmachen – Angebote, die sich ja auf einem Markt behaupten und mit allerlei modischen Trends konkurrieren müssen. Hier handelt es sich zudem um einen Experimentierort, der exemplarische Bedeutung hat. „Insbesondere in der politischen Jugendbildung“, schrieb Ingeborg Pistohl im Schwerpunkheft „Neue Lernformate“ der Zeitschrift Außerschulischen Bildung (2/11), „wurden viele die Beteiligung der Lernenden aktivierende Ansätze entwickelt, die auch die pädagogische Praxis in anderen Bereichen beeinflussten.“
In der letzten Zeit haben vor allem die Innovationen der Online-Kommunikation von sich reden gemacht. Und in der Tat haben sich dadurch ja gravierende Veränderungen der Mediengesellschaft ergeben – bis hin zum Feld der Netzpolitik, das seine eigenen Themen und Kontroversen generiert und mittlerweile weltweit neue politische Bewegungen hat entstehen lassen. Um das Web 2.0 geht es natürlich auch im vorliegenden Heft. Doch soll dies nur als ein Beispiel dafür stehen, wie politische und gesellschaftliche Prozesse den Aufgabenkatalog der Bildungsarbeit konstituieren und wie sich von daher die Notwendigkeit einstellt, didaktisch-methodische Veränderungen vorzunehmen – oder eben auch nicht. Denn Bildungsarbeit bleibt letztlich darauf verwiesen, dass sie ein dialogischer, informativer und argumentativer Prozess ist, der es mit den politischen Grundfragen von Macht und Herrschaft, Interesse, Konflikt und Konsens zu tun hat.
Professor Peter Faulstich (Universität Hamburg) eröffnet den Schwerpunktteil mit einem Grundsatzbetrag, der in diesem Sinne auf die Notwendigkeit von Neuerungen eingeht und sie zurückbindet an die Veränderungen im politischen System und seiner Umwelt. Im folgenden Beitrag von Dr. Alexander Klier (DGB-Bildungswerk) wird der öffentliche Raum selber als Lernfeld der politischen Bildung vorgestellt – und dieser Zugang an markanten Beispielen erläutert. Dies setzt Melanie Schuster (Robert Bosch Stiftung) fort, indem sie die Chancen eines besonderen öffentlichen Ortes, nämlich des „Lernorts Stadion“, herausstellt. Sascha Rex (Deutscher Volkshochschul-Verband) präsentiert dann vier Beispiele der Formatinnovation politischer Bildung an Volkshochschulen: zweimal mit und zweimal ohne Schwerpunkt auf der Online-Kommunikation. Abschließend diskutiert Professor Franz Josef Röll (Fachhochschule Darmstadt) lerntheoretische Konsequenzen, die sich vor allem aus der Weiterentwicklung des Web 2.0 ergeben.
Außerhalb des Themenschwerpunkts wird zunächst – unter der Rubrik QuerDenken – der „Streitfall Kompetenzen“ verhandelt. Barbara Menke, Leiterin der Arbeitsgruppe Grundsatzfragen des Bundesausschusses Politische Bildung (bap), fasst die Ergebnisse des Fachgesprächs vom 28. März 2012 in Frankfurt am Main zusammen und zieht Schlussfolgerungen für die Auseinandersetzung der non-formalen politischen Bildung mit dem Deutschen Qualifikationsrahmen. Im Anschluss daran werden unter der Rubrik ÜberGrenzen Fragen der internationalen und europäischen Begegnung diskutiert. Benedikt Widmaier hält hier ein Plädoyer für die strategische Orientierung an Kosmopolitisierung in der politischen Bildung.
Die weiteren Rubriken enthalten Nachrichten, Kommentare und Materialien zur Bildungsszene. Unter AugenMerk findet man auch die Kontaktadressen von bap und bpb. Alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der politischen Bildung sind aufgefordert, vom Journal als Forum für den fachlichen Diskurs Gebrauch zu machen. Zu den Themenschwerpunkten sollten möglichst frühzeitig Anregungen und Vorschläge an die Redaktion gerichtet werden. Das Gleiche gilt für Hinweise auf Projekte, Veranstaltungen u.a. Dabei sind die Redaktionstermine der Zeitschrift (siehe Heftplanung) zu berücksichtigen.