2012 ist das Europäische Jahr des aktiven Alterns und der Solidarität zwischen den Generationen. Es soll, so die Zielsetzung der EU, Gelegenheiten schaffen, darüber nachzudenken, „dass die Europäer länger leben und länger gesund bleiben als je zuvor – und uns der Chancen bewusst zu werden, die darin stecken.“ Dass der Hinweis auf die Chancen notwendig ist, machte in Deutschland Anfang 2012 eine parlamentarische Initiative deutlich. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes ging mit der Idee an die Öffentlichkeit, das Grundgesetz zu ändern, um Benachteiligungen aufgrund des Alters zu verhindern. Vorgeschlagen wurde eine Überarbeitung des Artikels 3 GG, der es verbietet, dass Menschen wegen ihres Geschlechts, ihrer Herkunft oder ihrer Religion benachteiligt werden. An dieser Stelle sollte, so die Initiative, nun auch das Alter aufgezählt werden.
Dies wirft ein Schlaglicht darauf, dass Solidarität keine Selbstverständlichkeit ist. Im Gegenteil, das Verhältnis der Generationen ist vielfach belastet. Das beginnt mit den harten Fakten des Wirtschaftslebens, wo das Reservoir junger, „unverbrauchter“ Arbeitskräfte immer noch als Maßstab der Leistungs- und Konkurrenzgesellschaft gilt. Das setzt sich fort in der sozialpolitischen Lastenverteilung – genannt sei hier der berühmte Generationenvertrag –, wo Abhängigkeitsverhältnisse zwischen Jung und Alt geschaffen und damit allerlei Gerechtigkeitsfragen aufgeworfen werden. Das endet nicht zuletzt bei gesellschaftlichen Leitbildern, die Jugendlichkeit idealisieren oder das Alter ausblenden, so dass, wie die kulturkritische Klage lautet, der Respekt vor den Alten schwindet. Dabei ist allerdings anzumerken, dass die beklagte Respektlosigkeit zum Erbe der abendländischen Tradition gehört und schon vor 2500 Jahren das attische Theaterpublikum erbaute…
Über diese Verhältnisse nachdenken will, wie die EU empfiehlt, die vorliegende Ausgabe des Journals. Sie beginnt mit einem Beitrag von Prof. Ute Karl (Universität Luxemburg), die kritisch nachfragt, was mit der Rede von den Generationen alles impliziert ist und wie von daher die Postulate des intergenerationellen Lernens zu beurteilen sind. Dem schließen sich drei Praxisreflexionen an. Peter Wetzel von der Bildungsvereinigung Arbeit und Leben stellt Erfahrungen mit dem Ansatz der Geschichtswerkstatt vor – also mit einem Ansatz, der für das gemeinsame Lernen von Jung und Alt prädestiniert ist. Michael Götz und Titus Möllenbeck, Bildungsreferenten im Haus am Maiberg, lassen verschiedene intergenerationelle Projekte der außerschulischen politischen Bildung Revue passieren. Aus der Bildungsarbeit konfessioneller Träger berichten dann Sandra Kleideiter und Tobias Thiel. Sie richten den Blick darauf, wie die Zielgruppe der Kinder in politische Lernprozesse einbezogen werden kann. Abschließend geht Johannes Schillo (Journal-Redaktion) auf die Frage ein, welche Herausforderungen sich mit der demographischen Entwicklung und dem dazu gehörigen Diskurs für die politische Bildung stellen.
Außerhalb des Themenschwerpunkts werden zwei aktuelle Vorgänge aufgegriffen, die vor allem, aber nicht nur die junge Generation betreffen. Zum einen geht es um die Auseinandersetzung der politischen Bildung mit dem Rechtsextremismus, die seit dem Winter 2011/12 in Folge des plötzlich entdeckten „braunen Terrors“ neuen Auftrieb erhalten hat. Manfred Henle hält ein entschiedenes Plädoyer dafür, den politischen Gehalt der rechten Gefahr ernst zu nehmen und in der Bildungsarbeit zum Thema zu machen. Zum anderen wird ein Blick auf die weltweiten Protestbewegungen der jüngsten Zeit, in denen Jugendliche teilweise die entscheidende Rolle spielten, geworfen. Prof. Benno Hafeneger greift hier Beispiele aus den westlichen Industrienationen auf, vor allem die „Occupy-Bewegung“, an der auch wieder die für politische Bildung zentrale Frage nach den Partizipationschancen deutlich wird.
Die weiteren Rubriken enthalten Nachrichten, Kommentare und Materialien zur Bildungsszene. Unter AugenMerk findet man auch die Kontaktadressen von bap und bpb. Alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der politischen Bildung sind aufgefordert, vom Journal als Forum für den fachlichen Diskurs Gebrauch zu machen. Zu den Themenschwerpunkten sollten möglichst frühzeitig Anregungen und Vorschläge an die Redaktion gerichtet werden. Das Gleiche gilt für Hinweise auf Projekte, Veranstaltungen u.a. Dabei sind die Redaktionstermine der Zeitschrift (siehe Heftplanung) zu berücksichtigen.